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06
Oktober
Lippenstift, pink bis kreischend rot
Frauen gelangen irgendwann üblicherweise ins Lippenstiftalter. Wie genau es dazu kommt, kann ich nicht beurteilen, denn mich hat dieser Wunsch seltsamerweise nicht ereilt. Und das, obwohl ich mich ansonsten wirklich gern mit weiblichen Insignien schmücke.
Spricht auch nichts dagegen, vielen steht ja ein wenig Farbe gut zu Gesicht. Anprangern möchte ich allerdings an dieser Stelle, dass wohl drastische Fehlberatung in den Drogerien und Parfümerien um sich greift, die immer wieder zu Fehlkäufen führt. Kurzum, es gibt ein paar Altersstufen, in denen frau (so sagt man wohl heute) einige, nur wenige, Lippenstiftfarbtöne besser ignorieren sollte - obige Farben z.B. sollten auf jeden Fall ausgelassen werden von Frauen zwischen, sagen wir mal, 30 und 70 Jahren Lebensalter. Unter 30 mag es gut aussehen, so es denn zum Typ passt, über 70 arbeitet dieser Niedlichkeitsfaktor für sie und ihren Lippenstift, der auch die in diesem Alter häufig vorkommenden hell-lilafarbenen Haare sowas wie süß erscheinen lässt. Dazwischen: Schlechte Idee. Wirklich schlechte Idee. Nicht, dass es mich stören würde. Ich finde es gut und beglückend, wenn mal jemand anders als ich sich lächerlich macht. Besonders in Verbindung mit Tigerplüschjäckchen und platinblond gefärbter, hochtoupierter Kurzhaarfrisur, wie heute so oder ähnlich gleich mehrfach gesehen. Nur zu, weiter so.
05
Oktober
Dieser Nachbar aus dem Vorderhaus rollt regelmäßig einen großen, alten Berberteppich im Innenhof aus. Wenn ich mit vorsichtigen, genau platzierten Schritten versuche, den Innenhof zu queren, ohne auf seinen Teppich zu treten, fordert er mich jedes mal auf, nicht vorsichtig zu sein und ruhig darauf zu treten, der Teppich sei schließlich alt und dreckig.
Immer fotografiert er irgendein Detail des alten, dreckigen Teppichs, nach ein paar Minuten rollt er ihn wieder zusammen und trägt ihn weg. Und ich trete nie darauf, sondern ziehe es vor, mich an einer der Mülltonnen zu stoßen, anstatt auf seinen Teppich zu treten. Vermutlich finden wir uns gegenseitig etwas seltsam.
30
September
Guck mal, die sieht aus wie die Schwester von Yvonne.
Hatte ich schonmal erwähnt, dass ich es ausgesprochen unhöflich finde, wenn Menschen, bei denen ich stehe, mit denen ich im Grunde genommen ein Gespräch führe, wenn auch nur über Siphons, so tun als wäre ich nicht da und sich über mich unterhalten?
Fehlt nur noch, dass sie Vergleiche anstellen (Naja, den hübscheren Hintern hat aber Yvonne. - Aber dafür ist die hier so nett blass).
28
September
Sie fragt, ob ich Weihnachten bei ihnen verbringe.
Ich weiß nichtmals, wo ich die nächsten Wochenenden verbringe, geschweige denn will ich jetzt schon an Weihnachten denken, wir haben Ende September, also bitte. Sie müssen aber das Essen jetzt schon planen. Aha. Wenn das so ist: Dann wohl nicht mit mir.
Rubrik Gesprächsversuche mit Mitmenschen
Und wie gehts dir?
Ach...
21
September
Diese kurzen Momente direkt nach dem Aufwachen, wenn noch alles gut ist, das Bewusstsein, dass eben nicht mehr alles gut ist, sich noch nicht durchgesetzt hat, die liebe ich. Alles danach ist Schmerz. Verstehst du, dass ich nur noch schlafen und kurz aufwachen und sofort wieder schlafen will?
Irgendwie schon, ja.
14
September
Fünf Stunden Zugfahrt für drei Stunden Besuch bei mir.
Man mag es bescheuert nennen. Ich finde es ganz außerordentlich reizend.
13
September
Gesinnungsmädchen!
10
September
Karrierefrauen, Typ 2
Die mit den dezent karierten, taillierten Blusen und dem akkurat gebundenen ich-bin-aufstrebende-junge-Karrierefrau-Halstuch.
04
September
Sie sagt, sie ist es leid, seit 20 Jahren immer nur an ihn zu denken, ihn zu versorgen, seine Nörgeleien und seine Krankheit, die er in jeder Beziehung ihr gegenüber ausnutzt, zu ertragen. Sie ist das ständige Theater leid, in dem immer er die Hauptrolle spielt. Sie will einmal ihr Leben genießen, weggehen, in Urlaub fahren, sich freuen, morgens aufzuwachen.
Sie sagt, sie dachte sie hätte Freunde in diesem Unternehmen, unserem gemeinsamen Arbeitgeber, mit denen ist sie ausgegangen, hat sich ihnen anvertraut. Hinter ihrem Rücken haben sie gelästert. Ich frage mich, warum sie gerade mir das jetzt anvertraut, die sie kaum kennt, und bereits während dessen höre ich mich sagen, wenn es nicht mehr geht, dann musst du gehen und sie sagt nein, er muss dann gehen. Die Wohnung gehört mir. Ich möchte antworten, gut so, schmeiß den Arsch endlich raus, du hast einen wie ihn nicht verdient und er eine wie dich erst recht nicht, aber was weiß denn ich. Ich weiß, was ich sehe, daraus bilde ich mir meine Meinung, ob sie richtig ist oder nicht, kann ich nicht einschätzen. Ihr fällt ein, ach besser nicht, was sollen denn die Kollegen sich dann erst das Maul zerreißen. Für den Moment bin ich sprachlos, und das ist vielleicht auch besser so.
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