Es gibt viele Arten mich zu treffen. Ich hatte gedacht, ich würde sie bereits alle kennen.
Irrtum.

Dinge, die man morgens um zehn beim Kaffee von der Mutter, die man trotz Zeitdrucks zu einem Arzttermin begleitet, weil sie sich nicht dazu in der Lage sieht, vom Kölner Hauptbahnhof zwei U-Bahn-Stationen allein hinter sich zu bringen, nicht hören will:

Kindchen, da wirst du immer wieder landen, wenn du deine Ansprüche nicht runterschraubst

Naja, er passte ja eh nicht zu dir. Wie übrigens G. auch nicht. Warum du dir immer unpassende Kerle suchst, weiß ich auch nicht

Ganz schöne Bruchbude hier, aber du machst ja das bestmögliche daraus

Und das alles, ohne selbst das Thema angeschnitten, geschweige denn einen Kommentar erbeten zu haben.

Da bleibt mir nur noch, mir auszumalen wie ich anmerke: Ach Mutter, du hast übrigens Recht, mit dieser Brille siehst du richtig kacke aus.
Das allerdings verbietet mir meine gute Erziehung. Wer dafür verantwortlich zeichnet, ist mir unklar.
Ich geh jetzt, weiter streichen. Da hab ich wenigstens meine Ruhe.

Heute fühlt sich die Stornierung einer Bahnfahrkarte wie die Stornierung der Zukunft an.

Mindestens einmal täglich scheitern, die Devise der letzten Wochen. Und sowieso gut für eine gesunde Selbsteinschätzung.

Die vielen kleinen Enttäuschungen der letzten Tage, jede für sich genommen im Grunde vernachlässigbar, türmen sich auf, eine steigt der nächsten auf die schmale Schulter, sie bilden eine Pyramide. Werden groß und mächtig, stehen mir gegenüber und die Enttäuschung ganz oben grinst höhnisch auf mich herab.
Wenn es mir gelänge, ihre Schwachstelle zu finden, eine dieser Gestalten ganz unten am Boden bewusstlos zu schlagen, könnte die ganze Pyramide zusammenbrechen und übrig bliebe nichts als ein Haufen dummes Zeug.
Ich weiß nicht, wo ich ansetzen soll.

"Das Warten darauf, dass es passiert, oder auf den Anruf, dass es passiert ist, ist das Schlimmste - jetzt, wo wir wissen, dass es bald passieren wird."

Was soll man dazu noch sagen? Er hat ja Recht, vermutlich.

"Rufen Sie mich Mittwoch zwischen elf und zwölf an", sagt sie, "dann haben wir die Blutwerte hier und können weiter über Ihre nähere Zukunft reden".

So hatte ich mir diesen Arztbesuch nicht vorgestellt - ich wollte beruhigt werden und nicht darüber beraten werden, was sonst noch in meinem Leben sich ändern muss.

"Unbekannt verzogen nach cb3"
Es zerreißt mich.

Der Knoten in ihrer Brust verursacht bei mir Knoten in Hirn und Zunge. Alle müssen raus, und zwar schnellstens.
Sie braucht mich. Jetzt.