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03
Februar
Das Paar sitzt vor mir; sie hat etwas getan und berichtet davon. Er fällt ihr barsch ins Wort, rückt ihr den Kopf zurecht, sagt ihr, sie solle endlich aufhören, der Dame (mir) so einen Mist zu erzählen, ich könne ja überhaupt nicht verstehen, worum es ginge. Sie zieht verschüchtert den Kopf zwischen die Schultern, er beginnt, seine Version des Vorfalls (er war nicht dabei) zu schildern.
Er reißt schlechte Witze, selbst dabei scheitert er. Er riecht aus dem Hals, dass mir hinter den 80 cm Schreibtisch und weiterer Armlängenentfernung zur Tastatur (meine größtmögliche Entfernung zum Gegenüber) noch leicht schwummrig wird. Sie ist verhuscht, man sieht ihr an, dass sie mal sehr hübsch war. Beide sind Mitte 70, schätze ich.
Ich kann mich gerade noch beherrschen und den ungnädigen Gesichtsausdruck verhindern, der sich an die Front kämpfen will, als ich ihn bitte, seine Frau weiter berichten zu lassen, da sie ja diejenige sei um die es ginge, ich außerdem ihren Erklärungen sehr gut folgen könne. Er gibt ihr eine kurze Einweisung, wie sie im Folgenden weiter zu reden habe. Damit "die Dame" sie auch verstehe, sie sei ja so dusselig, dass das kaum möglich sei. Der Besuch der beiden zieht sich hin, nicht ohne mehrfaches Maßregeln durch den Mann, nicht ohne mehrfaches Zusammenzucken der Frau.
Ich schweife in Gedanken an, frage mich, wieso diese Frau sich das alles gefallen läßt, wieso sie nicht wenigstens einmal aufbegehrt, ihm zeigt, wie frech sein Benehmen ist.
Als sie fertig sind, stehen sie auf, sie greift nach seiner Hand und schaut ihn liebevoll an.
Bilder blitzen vor meinem inneren Auge auf: die beiden, jung und hoffnungsvoll, verliebt. Das typische Hochzeitsportrait, Familienphotos mit grinsenden, zahnlückigen Kindern, Bilder von Picknicken, Schwimmausflügen.
Vielleicht hat ein gemeinsames, schweres Schicksal beide zu dem gemacht, was sie sind. Vielleicht hat er einfach nur einen schlechten Tag heute, die Knie tun weh, das Herz schmerzt wieder. Vielleicht hat sie ihn heute morgen schon zu Hause mit kleinen Nörgeleien genervt. Vielleicht liebt sie ihn einfach, so wie er ist.
Vielleicht ist er aber auch nur ein griesgrämiger alter Kotzbrocken und sie hat den richtigen Zeitpunkt verpasst, ihn zu verlassen.
[Mitmenschen]

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allerhöchstwahrscheinlich das letztere.
sackgasse kerzengerade anvisiert, letzte tür im vorbeigehen noch grün schimmern sehen aber trotzdem richtung ziegelwand gehastet damit sonntag nachmittag das kaffeeporzellan schön glänzt.
herr, verschone mich.
 
verschonen
kann man/frau sich höchstens selbst. ein bisschen mehr auf grüne türen achten, zum beispiel.
 
Schönes Bild,
das.
 
leider wohl
letzteres. jedenfalls nach meiner erfahrung.
der blick mit liebe zeigt: die hoffnung stirbt zuletzt.
vielleicht glaubt sie noch, er könnte sich ändern.
 
Ich weiss nicht,
angesichts des Alters mag ich keine Spekulationen anstellen. Das ist eine "andere Welt", deren Gesetze und Regeln mir unbekannt sind.
 
Wenn
die Hoffnung zuletzt stirbt, überlebt sie mich...

Luise, die Frage ist doch aber: *wann* lernt man die Regeln? Rückblickend betrachte ich bereits jetzt viele der Dinge, dich ich tat oder nicht, die ich mir gefallen ließ oder nicht, als überholt. Überholt in dem Sinne, dass ich vieles vom heutigen Standpunkt anders täte. Ist es nicht doch wieder eine dieser Sachen, die im Fluss sind?
 
Die Regeln lernt jede Generation
zum passenden Zeitpunkt - oder auch nicht, je nachdem, ob man lernwillig ist, oder nicht. (jaja, ich weiss, sag´ jetzt nichts).

Im Fluss, genau, das passt. Was wir heute machen ist morgen schon längst den Bach runtergegangen. Vielleicht auch ganz gut so. Da ich dann sowieso jenseits von Gut und Böse sein werde, ist es mir egal. ;-)
 
Klingt so,
als würd ich mich da auch wohlfühlen - jenseits von Gut und Böse ;o)
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