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30
September
Der Mann mit dem Schalk im Nacken. Und mit Katze.
Als kleiner Junge habe ich noch gebetet, den Glauben zu haben, aber er kam nicht. Seitdem glaube ich an den Zweifel.
Tomi Ungerer

(Wenn man unter Termindruck eine Buchrezension fertigschreiben muss, aber einfach keinen Einfall hat, wie genau, kann man ja gut mal über vergangene Museumsbesuche schreiben - vor Allem dann, wenn die Ausstellung nur noch kurz andauert.)

Tomi Ungerer malt nicht nur in schwarz-weiß, aber wenn er dies tut, tut er dies sehr aus- und eindrucksvoll. Und mit Ringeln.



Mich beschäftigen vor Allem ebendiese schwarz-weißen Bilder, die die Illustration zum Buch eines französischen Freundes sind. Ich bin mir sicher, ohne dieses Buch zu kennen, es geht um Gesellschaftskritik, und um Kritik an den USA. Das aus diesen Illustrationen herauszulesen ist nicht schwierig.

Das, was schwieriger herauszulesen wäre, erklärt unaufgefordert
einer der zum Aufpassen abgestellten Mitarbeiter. Wort-und gestenreich werden wir also informiert, wie dieses und jenes zu sehen sei, und dass die Vielzahl der verwendeten Schnecken ebenjenes bedeute, während das omnipräsente Sexuelle sich hier und da im Bla zeige.
Die Freude über jemanden, der Ahnung hat und diese auch teilen möchte, schlägt schnell in Desinteresse um, und, ernsthaft: Kann man jemanden ernstnehmen, der weit jenseits der 40 in orangefarbener Jeans und mit gelbem Hemd durch die Gegend hüpft und dessen theatralischer Gestus eher auf eine Amateurbühne als in ein Museum gehören würde? Nein. Ich
jedenfalls nicht, da kann man jetzt noch so laut "Vorurteil!" schreien.
Glücklicherweise findet er schnell ein interessierteres Opfer in Form einer alten, neuseeländischen Dame.



Zurück zu Tomi Ungerer. Mir gefällt die Ambivalenz seiner Veröffentlichungen - auf der einen Seite ist er Kinderbuchautor und -illustrator, auf der anderen Seite bekennender Sadomasochist. Letztere Neigung ist überaus deutlich in seinem 2001 erschienen "Erotoscope" bebildert, dessen überaus explizite Darstellungsweise natürlich nicht in dieser Ausstellung auftaucht.

Hier geht es zwar schon recht explizit, aber mehr sinnbildlich denn
sinnlich zu; feige Schnecken sind ein großes Thema, der Konflikt
zwischen Frankreich und Deutschland um das Elsass, seine Heimatregion, ebenfalls. Als Dreingabe für den Katzenliebhaber kommen natürlich auch immer wieder Feliden vor.

Stilistisch mag er sich nicht recht einordnen lassen, seine Art zu
zeichnen wechselt von lässiger Strichzeichnung, die wie hingeworfen wirkt, zu ordentlich und exakt ausgefüllter Tuschezeichnung. Inhaltlich wirken die Werke kritisch, häufig auch satirisch, auf eine bloße Beschreibung lassen sich Tomi Ungerers Bilder nicht reduzieren - ganz genau so wie er selbst sich nicht reduzieren lässt; wer Ungerer anschaut, sieht immer auch Vielschichtigkeit. Und Zweifel.
Spannend, irritierend, anregend und schön - auf viele verschiedene Arten.



Die Ausstellung ist noch bis zum 04.10. im Ephraim-Palast zu sehen. Falls Sie danach in einem nahe und recht schön gelegenen Café auf der Karte einen Tee namens "Innere Gelassenheit" finden, bestellen Sie ihn ruhig. Angesichts der ignorant-desinteressierten Unfreundlichkeit des Personals können Sie die gut gebrauchen.
[Devotionalienschrein]

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> Angesichts der ignorant-desinteressierten Unfreundlichkeit des Personals

Zumindest dem Typ in der orangefarbenen Jeans kannst du kein Desinteresse vorwerfen *g*
 
Jetzt haste mich. Gut, ich gebe zu, zu viel Aufmerksamkeit tut mir auch nicht gut. Besonders, wenn es die falsche ist.
 
glauben sie etwa, das hier liest jemand? pffh.
 
Natürlich nicht. Sie haben sich mit Sicherheit nur in die Kommentare verirrt. Passiert schonmal.
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