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08
März
Prag, die erste.
Bereits der Hinflug ist alles andere als ein Vergnügen - während eine Vielzahl anderer Reisender die sturmbedingten Hüpfer und Absacker offenbar "total witzig" findet und dies juchzend in die Welt trompetet, bange ich zuerst um mein Leben, dann um den Inhalt meines Magens, bis mir einfällt, dass es aus Zeitmangel und Fehlplanung gar keinen Inhalt gibt, also bange ich schlussendlich doch wieder um mein Leben.

Froh, den Naturgewalten vorerst entkommen zu sein, mache ich mich mit einigermaßen festem Boden unter den Füßen auf in Richtung Botel - ein fest verankertes Hotelschiff auf der Moldau, was mir beim Buchen noch irgendwie reizvoll schien.
Leider liegt die nächste Metro-Station ungefähr zwei unwegsame Kilometer durch Matsch, verlassene Parks und Tunnel, durch die selbst ich, der das gesunde Gefühl für Angst an passender Stelle vollkommen abgeht, nachts nicht allein gehen möchte, vom Botel entfernt (Warum habe ich das eigentlich beim Buchen nicht bemerkt?). Außerdem verlaufe ich mich, denn auch eine rudimentäre Straßenbeschilderung ist in diesem Teil Prags nicht vorhanden. Mittelmäßig angenervt denke ich noch Toll, es könnte ja jetzt noch anfangen zu regnen. Gedacht - geschehen. Danke. Fluchend schlage ich mir den dreckigen Koffer vor das bis gerade eben noch saubere Hosenbein, um dann festzustellen: 1. Alles Scheiße hier, 2. Ich bin verloren, aber sowas von, denn inzwischen befinde ich mich vor einem Straßenschild, das sich nicht auf meiner Straßenkarte befindet. Ich bin vom Rand der Welt gefallen, quasi. Also den ersten Passanten anhalten, nach dem Weg fragen, Hilfe bekommen. Später stelle ich dann auch fest, es fahren Bahnen bis fast direkt vors Botel, die keine Metro sind, sich demzufolge nicht auf meinem Metroplan befinden.



Ich weiß nicht, ob Sie es schon (oder noch) wissen, aber ich bin ja gelegentlich etwas planlos, was im näheren Umfeld bereits zur Anrede als "Frau Verpeiltolog" führte; jedenfalls brachte mir diese Planlosigkeit einen ordentlichen Spaziergang mit nichtleichtem Gepäck ein, der vermeidbar gewesen wäre, hätte ich meine Hotelunterlagen (darum habe ich das beim Buchen nicht bemerkt, weil es noch nichts zu bemerken gab!) oder ein paar mehr Webseiten zum Prager Verkehrssystem gelesen. Stimmungshebend, das.
Mein Zimmer im Botel liegt nach ein paar Verhandlungen auf der der Moldau anstatt der scheinbar örtlichen illegalen Müllabladestelle zugewandten Seite, vor meinem Fenster quaken Enten und die Sonne zeigt sich. Außerdem stinkt es im Zimmer nach Pisse. Die Laune erreicht atemberaubende Höhen.

Schnell die Sachen verstaut und raus, die Stadt anschauen, denn dafür bin ich schließlich hier. Dank meines frischen Straßenbahnwissens erreiche ich meinen Startpunkt innerhalb von nur zehn Minuten, wo auch andere Touristen bereits Regen, Sturmböen und einer insgesamt eher unfreundlichen Atmosphäre trotzen: die Karlsbrücke; was mir bald aber zu ungemütlich wird, also ab ins Foltermuseum.



Dort wird es angesichts der verschiedenen Foltergeräte zwar auch nicht so richtig gemütlich, aber es ist trocken, und die Gerätschaften sind durchaus interessant. Beim Lesen der Beschreibungen laufen mir kleine Schauer den Rücken herunter, und ich bin mir nicht sicher, ob ich die Erfinder für ihre kreative Art des Quälens bewundern oder mich lieber fragen soll, wie krank ein Geist für derartiges sein muss. Anders als im Edinburgher Torture Museum sind die Gerätschaften hier allerdings in eher steriler Umgebung vor weißen Wänden ausgestellt, was ihnen weitaus mehr Wissenschaftlichkeit verleiht als dies in den dunklen Edinburgher Katakomben möglich gewesen wäre.

Später denke ich über den Kauf von Glühwein und Punch nach, entdecke aber niemanden, von dem ich mich gern schlagen lassen würde, also weiter. Immerhin, nebenan gibt´s Sünde und Zukunft im Outlet Center. Ich erwerbe gleich ein paar mehr - also, Zukunften jetzt, denn man kann ja nie wissen. Und wenigstens sind sie hier preiswert zu kriegen, wann hat man das schonmal.



Ich ertappe mich dabei, ausschließlich für ihn, denn niemand sonst würde es zu schätzen wissen, ein Foto zu machen, das er nicht mehr wird anschauen können, ihm eine SMS schicken zu wollen, die er nicht mehr lesen kann. So hatte ich mir das alles nicht vorgestellt.
Im Restaurant namens "Solide Verunsicherung" esse ich in ebensolchem Zustand mangels greifbarer Alternative einen Burger und fange an, mich mit Gin Tonic zu betrinken, bis mir einfällt, dass ich ja noch was vorhabe: Den Weg ins Botel zurück zu finden nämlich. Also schaue ich mich nur noch ein bisschen um und beschließe, am nächsten Tag im Hellen nochmal genauer hinzuschauen, denn so schlecht sieht das hier dann doch alles gar nicht aus.
[Leaving, on a jet plane. ]

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Future on sale, wann gibt's das schon mal...
 
Dachte ich mir auch. Die Qualität wagte ich nicht einzuschätzen. Viel schlechter als momentan kanns allerdings ja eh nicht werden, insofern... ;)
 
Ich traue es mich ja kaum zu schreiben, aber bei deinem Text stand mir mehr als einmal das breite Grinsen im Gesicht (tut es immer noch).

Wie teuer waren eigentlich die Sünden und welche wurden angeboten?
 
Es waren rein flüssige Sünden, wenn ich mich recht erinnere. Insofern: Weitaus weniger spannend, als der Name vermuten ließ.

Schön, dass ich dich amüsiere - wenn ich selbst schon angenervt war, sollen wenigstens andere ein bisschen Spaß damit haben :)
 
Oh!
Da muss ich nochmal mit Zeit wiederkommen... :)))
 
Das machste.
(Ich fürchte, es wird ein paar längere Reiseberichte geben. Wider den Freund, der schon zur Kenntnis gab, so lange Blogtexte seien total doof und die würde sowieso niemand lesen. Dann eben nicht, dachte ich. )
 
Eine Ahnung der Gesamtstimmung habend, weiß ich nicht, ob es angebracht ist, zu erwähnen, dass dein Text mit eben jener Prise Sarkasmus gewürzt ist, die ich so sehr liebe oder ob ich das lieber weglassen sollte. Ebenso wenig weiß ich, ob ich sagen darf, dass diese Reise trotz allem (siehe oben, Ahnung der Gesamtstimmung) wichtig und richtig war und dir letztendlich gut getan hat - oder es noch wird, irgendwann, wenn du schon gar nicht mehr daran denkst.

Hm. So, wie du es beschreibst, kommt Prag jetzt erst nach Ägypten und Irland.... *schwach-lächel*
 
Ach, Prag ist schon schön. Es gibt aber, vorsichtig gesagt, nach meinem Dafürhalten, weniger langweilige Städte.

Nein, nicht weglassen. Man lobe mich, ich brauch das ;)
Gut tut das bestimmt alles, was ich da so tue - irgendwann mal. Der momentane Nutzen beschränkt sich auf das Wissen, dass es so ist.
 
du weißt ja schon, dass ich bei deinen reiseberichten so gut wie nie kommentiere, sie aber dennoch ziemlich gutt finde. auch in sachen fotki und so.
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