Ich war ja verreist, in eine Stadt, die, wie ich mich selbst überzeugen konnte,
ein zumindest teilweise entspanntes Verhältnis zu ihren Gotteshäusern haben muss und die, wenn ich meinen Gesprächspartnern Glauben schenken darf, einen außergewöhnlich interessanten Literaturstudiengang anbietet. Was mich, die Unstudierte, mit einem kleinen Hauch von Neid erfüllt. Witzeleien über meinen tatsächlich ausgeübten Beruf (Klingt aber auch interessant!) ignoriere ich ja seit Jahren relativ gelassen, aber das ist schon eine andere Sache. Jedenfalls wurde ich dort gut aufgenommen, bekocht, konnte den Unikeller kennenlernen und noch so einiges mehr erleben. Schön wars.
Heute morgen hatte ich eine Erscheinung, eine aberwitzige Kombination aus Clownsfratze und fürsorglichem Muttergesicht baute sich, noch bevor der Wecker es gewagt hatte, meine kurze Nachtruhe für beendet zu erklären, vor mir auf. Ihre Nachricht war folgende: Genug sinnlos rumgelitten für Februar, für diesen Monat hast du dein Soll aufgebraucht, mein Kind - vielleicht wieder im März. Zackig aufstehen und weitermachen!
Da ich ein überaus gehorsames Kind bin, diskutierte ich nicht allzu lange, sondern schmiss selbstredend die Hacken zusammen, gelobte Gehorsam und schleppte meinen müden Körper ins Badezimmer, um die heutige Pracht der Augenringe zu bewundern (Notiz an mich selbst: Mir wieder eine Brille zulegen. Dahinter sieht man die nicht so).
Zurück zur Reise - die Stadt und ihre Einwohner gefielen mir, und ich lernte viel, auch über mich selbst. Zum Beispiel, was sich aus meiner Handschrift ableiten lässt: Dass ich ein kreativer Mensch bin, die Meinung anderer mir relativ egal ist und ich in Details eher großzügig bin, positiv ausgedrückt. Das einer detailverliebten Person wie mir, aber nun gut.
Endlich konnte ich die selbstgeschrumpfte Kopfbedeckung ("Das ist Wolle, die kann man doch wohl bei 30 Grad waschen" - mein Hausfrauenstolz hat sehr gelitten an dem Tag, als ich meine Fuggerkappe zur Fuggerkappe einer Siebenjährigen schrumpfte) ersetzen, durch die selbstlose Gabe eines vorhandenen Doppels - und bin nun stolze Besitzerin einer wunderbaren Baskenmütze des VEB Hutmoden. Vielen Dank nochmal, auch von meinen Ohren. Ich habe ja ein Hutgesicht, was nichts anderes heißt als dass Hüte mir aus einem wesentlichen Grunde gut zu Gesicht stehen: Sie verdecken nicht unerhebliche Teile davon, während ich sie trage. (Wieder daheim gabs bereits unzüchtige Angebote, die "Mütze aber auflassen" beinhalteten. So langsam mache ich mir Gedanken. Ach nein, nicht erst so langsam.)
Auf dem Rückweg, den ich überwiegend neben einem Menschen verbrachte, der nicht nur aussah wie Robin, die Hauptfigur aus Radioheads Paranoid Android-Video, sondern auch noch exakt denselben Gesichtsausdruck aufgelegt hatte, fing es an zu schneien, so dass ich, ermattet in meinen Sitz gepresst, abwechselnd meinen Sitznachbarn aus den Augenwinkeln anstarren oder dem Schneetreiben draußen zusehen konnte. Passende Musik hatte ich ja genug dabei.
Wieder daheim, fand ich im Briefkasten meinen jüngsten Neuerwerb, "Über alles die Liebe", ein Buch mit Zeichnungen von George Grosz, eine bereits leicht angeranzte Ausgabe mit einem unbestimmten Duft nach herber Alte-Damen-Seife. Daraus entlehnt ist diese, "ohne Resultat" betitelte,
Zeichnung:
Ein ganz großartiges Buch (Wortwitze habe ich bereits mir selbst verbeten). Im Vorwort dazu schrieb er selbst: Der Titel sagt, hier sei von Beziehungen der Menschen untereinander die Rede. Gut, nur erwarte man von meinen Zeichnungen keine Illustration landläufiger Liebesidyllik. [...] Weiß der Teufel, wie es kommt: wenn man genauer zusieht werden Menschen und Dinge leicht dürftig, häßlich und oft sinnlos oder zweideutig. Immer gleicht mein kritisches Beobachten einer Frage nach Sinn, Zweck und Ziel ... aber selten gibt es eine befriedigende Antwort. So setze ich meine graphischen Zeichnungen dafür. Nüchtern und ohne Geheimnis! So gehen die Menschen aneinander vorbei, ... leere Stellen bleiben dort wo sie waren, mit jenen Mitteln, die mir gegeben sind, versuche ich das zu fassen.
Und nun habe ich noch ein Rätsel zu lösen. Eines mit vielen "M"s, dessen Lösung mir auf der Zunge liegt, sie aber ums Verrecken nicht verlassen will.
Guten Abend.
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victor der cleaner
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It's here today, but it's gone tomorrow.
Zu Ihrer Stimmung könnte 'The cloud making machine' aus den Laboratoires Garnier durchaus passen. Sehen Sie aber mal zu, daß Sie die Dauer dosieren. Wenn Zeitkonstante nur lange genug ist, sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit für uns alle auf Null.
Filtern Sie aus dem Begriff "Zeitkonstante" den Bestandteil heraus, der für Ihr Leben nicht zutrifft. Basteln Sie mit dem verbliebenen Wortrest ein neues Wort. Nutzen Sie es sinnvoll.
Dosieren? Ha! Alles oder nichts (weißt du doch).
victor der cleaner
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you bought a mask, I put it on
you never thought to ask me if I wear it, when you're gone
Sah dieser Keller zufälligerweise so aus:
http://blogs.bilderbeutel.de/zak/014/index.php?pid=307 ?
Ansonsten freut es ja sehr, dass es Ihnen bei uns gefallen hat. In der Diaspora, aus rheinländischer Perspektive betrachtet. Und, glauben Sie es mir ruhig, das war ernst gemeint - es klingt wirklich interessant, das tatsächlich Ausgeübte. Ich wiederhole: Tyler Durden!
Das ist er wohl. Ich habe eine Spur dazu gemacht.
Ach ja, Tyler. Wo steckt der eigentlich, wenn man ihn mal braucht?
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